Gyga, Philip and Kränzlin, Morena and Neff, Fabienne (2025) Notification Concept für die TWINT AG. Masters thesis, OST – Ostschweizer Fachhochschule.
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Abstract
In der vorliegenden Thesis zum Master of Advanced Studies in Human Computer Interaction Design (MAS HCID) wird im Team ein Notification Concept für die TWINT AG erarbeitet.
TWINT als führende Bezahl-App der Schweiz
Die TWINT AG wurde 2016 gegründet und zählt über 5 Millionen aktive Nutzende. Das Unternehmen möchte das tägliche Leben der Menschen in der Schweiz einfacher gestalten. (Kapitel 1.1)
TWINT bietet zahlreiche Use Cases in Zusammenhang mit Zahlungen (Kapitel 2.1.2). Diese lassen sich nach der Art der Interaktion unterscheiden in:
– Peer-to-Peer-Funktionen (P2P): Eine Interaktion erfolgt mit einem Peer TWINT User,
beispielsweise, um Geld zu senden oder anzufordern.
– User-to-Business-Funktionen: In einem digitalen oder stationären Geschäft bezahlen Nutzende mit der TWINT App.
– Value Added Services (VAS) und User Lifecycle: VAS sind u.a. integrierte Kundenkarten, Challenges oder Stempelkarten. Zu User Lifecycle gehören das On- und Offboarding.
– Partnerfunktionen: Diese Funktionen bietet TWINT in Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen an. Darunter fallen z.B. Parkieren, Spenden, digitale Gutscheine oder Superdeals.
Organisch gewachsene Benachrichtigungen erfordern ein Notification Concept
TWINT-Nutzende erhalten verschiedene Benachrichtigungen. Die
aktuelle Umsetzung ist organisch entstanden. TWINT vermutet
folgende Probleme (Kapitel 2.2.1, Abbildung 2):
– fehlende Historie und Übersichtlichkeit
– fehlende Priorisierung und Kategorisierung von
Benachrichtigungen
– fehlende oder mehrfache Benachrichtigungen
– unzureichende Möglichkeiten, Benachrichtigungen
individuell zu steuern
Das Projektteam wird daher mit dieser primären Fragestellung
beauftragt (Kapitel 1.2):
Abbildung 1: Spotlight und Push Notification
Quelle: [TWINT AG 2024c]
«Wie lässt sich die User Experience in der Interaktion mit der TWINT App verbessern, indem die Benachrichtigungen auf die Bedürfnisse und Ziele der Nutzenden abgestimmt werden?»
Als zentrales Lieferobjekt definiert das Projektteam in Absprache mit TWINT ein Notification Concept. (Kapitel 1.3)
Vorgehen nach Collaborative UX Design kombiniert mit Goal-Directed Design (Kapitel 1.5)
Der Projektauftrag adressiert mit Notifications ein Querschnittsthema. Nach einer ausführlichen Evaluation fällt der Entscheid auf das Vorgehensmodell Collaborative UX Design (CUXD) nach Steimle und Wallach [2023]. Die Scoping-Phase von CUXD wird mit Artefakten gemäss GDD [Cooper et al. 2014] ergänzt, um das Domänenwissen breiter aufzubauen. Darunter fallen eine umfassende Analyse aktueller Benachrichtigungen von TWINT, Best Practices aus der Literatur, eine Branchenanalyse sowie Interviews mit relevanten Stakeholdern. (Abbildung 3)
Abbildung 2: Vorgehensmodell Collaborative UX Design inkl. Domain Research
Quelle: eigene Darstellung
User Research deckt Navigationsprobleme auf (Kapitel 2)
Basierend auf der Domain Research nach GDD und der Scoping-Phase nach CUXD formuliert und priorisiert das Projektteam mit TWINT Annahmen. Die User Research soll aufzeigen, wie Nutzende aktuell mit Benachrichtigungen umgehen, welche Schwierigkeiten und welche Anforderungen sie haben. Dafür werden sechs Usability Testings à 45 Minuten mit bestehenden TWINT-Nutzenden auf der produktiven Implementation der App durchgeführt.
In der User Research zeigt sich, dass Probleme im Navigationskonzept der TWINT App wie z.B. versteckte Funktionen mit Notifications kompensiert werden. Im 5S-Modell von Garrett [2011] gesprochen liegt der Optimierungsbedarf bereits auf der Ebene Structure und nicht allein auf den Ebenen Skeleton und Surface. Deshalb entscheidet das Projektteam in Absprache mit TWINT und Projektcoach, zunächst Optimierungen in der Navigation vorzunehmen.
Sieben Opportunity Areas werden abgeleitet und priorisiert:
1. Die Value Proposition des Spotlights ist unklar.
2. Es ist keine Benachrichtigungszentrale vorhanden.
3. In-App-Benachrichtigungen entsprechen nicht den Best Practices in Bezug auf Design, Interaktion und Wording.
4. Push Notifications sind teilweise unpassend zum Case und wenig aussagekräftig. Design und Wording entsprechen nicht den Best Practices und Branchenstandards.
5. Es gibt noch nicht zu allen wichtigen Transaktionen Push Notifications.
6. Es wird nicht berücksichtigt, wann Nutzende gemäss Best Practices keine Benachrichtigung erhalten sollen.
7. Die Kategorisierung der Benachrichtigungspräferenzen (Einstellungen) ist nicht klar.
Erarbeitung von sieben Opportunity Areas in mehreren Iterationen (Kapitel 3)
Die sieben Opportunity Areas werden einzeln und mit adäquaten kreativen oder analytischen Methoden bearbeitet. Da sie sich auf unterschiedlichen Ebenen des 5S-Modells befinden, werden die Opportunity Areas in aufsteigender Reihenfolge von abstrakt zu konkret behandelt. Dieser Prozess erfolgt in mehreren Makro- und Mikro-Iterationen. Darunter fallen unter anderem:
– ein Design-Studio mit drei Iterationen für die neue Navigationsstruktur.
– Hallway-Tests des Papierprototyps mit neun Personen.
– ein Card Sorting zur Gruppierung und Kategorisierung der Funktionalitäten.
– ein Vergleich aller Use Cases, wobei Benachrichtigungen ergänzt, weggelassen oder
gemäss Literatur optimiert werden.
Das Projektteam integriert alle Ideations in einem klickbaren Low-Fidelity-Prototyp. Während der Erarbeitung werden 35 Annahmen identifiziert, priorisiert und Erfolgskriterien formuliert. Die Validierung erfolgt anhand von Usability Tests à 45 Minuten mit fünf Testpersonen.
Navigation Concept als Basis für das Notification Concept
(Kapitel 4.1)
Evaluiertes Verbesserungspotenzial aus den Usability Tests wird wiederum in das Navigation Concept eingearbeitet und der Fidelity-Grad erhöht. Die vorgeschlagene Navigation basiert auf der Unterteilung in:
– Zahlungen: Auf dem Startscreen (Abbildung 4) sind nur Zahlungen ersichtlich. Neben dem Guthaben kann im oberen Banner das Parking gestartet und eine Lieblingsfunktion hinterlegt werden. Der Footer mit den Hauptfunktionen bleibt bestehen.
– Vorteile: Ein Carousel bewirbt wöchentliche Angebote. Die Partnerfunktionen sind neu in inhaltliche Kategorien gruppiert und entsprechend benannt.
– Benachrichtigungszentrale: Darin werden Notifications gemäss Präferenzen gesammelt.
– Einstellungen: Es ist individuell konfigurierbar, welche Inhalte als Push Notification und/oder in der Benachrichtigungszentrale ausgespielt werden.
Abbildung 3: Zahlungen
Quelle: eigene Darstellung
Notification Concept als zentrales Lieferobjekt
Basierend auf den vorangehenden Artefakten wird ein umfangreiches Notification Concept ausgearbeitet (Kapitel 4.2). Die Validierung (Kapitel 4.3) erfolgt zunächst durch ein internes Review mit zwei UX-Fachpersonen von TWINT. Anschliessend werden vier externe Expert Reviews durchgeführt.
Das finale Notification Concept (Kapitel 5) besteht aus:
– Grundsätzen, die für alle Patterns gültig sind. Darunter fallen die Definition, Nutzung, Merkmale und Entscheidungshilfe, übergreifende Grundsätze und Wording mit Beispielen. Die Entscheidungshilfe unterstützt TWINT-Mitarbeitende dabei, anhand weniger Fragen bzw. Merkmalen das passende Pattern zu finden.
– sechs klassischen Patterns (Moleküle): Carousel, Push Notifications, Live Activity, Snackbar, Modal Dialog und Alert Screens. Eine Pattern-Beschreibung besteht jeweils aus einer kurzen Beschreibung, der Nutzung, Verwendungsregeln, Ausprägungen, Dos & Don’ts, Spezifikation und Links.
– einem komplexen Pattern (Organismus): Benachrichtigungszentrale
Empfehlungen für die weitere Erarbeitung und Umsetzung (Kapitel 6)
Das Projektteam empfiehlt TWINT folgende weiteren Schritte bezüglich Navigation Concept:
– Mit Nutzenden weiter validieren und die Ziellösung schärfen.
– Konzept verfeinern, indem weitere Spezifikationen erstellt werden.
– Navigation Concept umsetzen, um die Basis für das Notification Concept zu schaffen.
Das Projektteam empfiehlt TWINT folgende weiteren Schritte bezüglich Notification Concept:
– Detaillierungsgrad erhöhen (u.a. Spezifikation, Android/iOS, Accessibility, Sprachen).
– Guidelines für Anwender:innen des Konzepts schaffen, kommunizieren und überprüfen
– Technisch an einer zentralen Stelle in der Pattern Library implementieren
– Mittels Messung und Auswertung von definierten Key Performance Indicators (KPIs) das Notification Concept kontinuierlich optimieren und weiterentwickeln
Zusammenarbeit im Team (Kapitel 7)
Nach zehn Monaten intensiver Projektarbeit sind das definierte Hauptziel und die sechs Teilfragen beantwortet. Der Prozess erforderte Ausdauer, Motivation und Zusammenhalt. Trotz einiger Höhen und Tiefen bewertet das Projektteam die Zusammenarbeit als wertschätzend und konstruktiv. Folgende Faktoren werden als zentral für diesen Erfolg betrachtet:
– Verschiedene Erfahrungen, Interessen und Perspektiven wurden zielführend eingesetzt.
– Meinungsverschiedenheiten und Probleme wurden offen angesprochen und gelöst.
– Ein gemeinsamer Arbeitstag pro Woche schaffte Orientierung und Struktur.
– Die Online-Zusammenarbeit wurde möglichst effizient und effektiv gestaltet. Gezielte Termine vor Ort brachten Abwechslung und fördern den Teamzusammenhalt.
– Der Schlussbericht wurde fortlaufend verfasst und Arbeitsschritte reflektiert.
Das Projektteam bedankt sich an dieser Stelle herzlich bei TWINT für den motivierenden Projektauftrag und das grosse Vertrauen. Ein besonderer Dank gilt Ashly Pius und Oskar Levinson für die wertschätzende Zusammenarbeit, das konstruktive Feedback und ihre Offenheit.
| Item Type: | Thesis (Masters) |
|---|---|
| Subjects: | Topics > HCI Design Area of Application > Banking & Finance Area of Application > Mobile > Mobile App |
| Divisions: | Master of Advanced Studies in Human Computer Interaction Design |
| Depositing User: | OST Deposit User |
| Date Deposited: | 24 Apr 2025 09:21 |
| Last Modified: | 24 Apr 2025 09:21 |
| URI: | https://eprints.ost.ch/id/eprint/1282 |
